mJAHRBUCHFÜRundPSYCHOANALYTISCHE PSYCHO-[PATHOLOGISCHE FORSCHUNGEN.tHERAUSGEGEBEN VONProf. Dr. E.BLEULER und Prof. Dr. S. FREUDIN ZÜRICH, IN WIEN.REDIGIERT VONDr. C. G. JUNG,FRIVATDOZENTEN DER PSYCHIATRIE ZÜRICa^jp^IN\III. BAND.I. HÄLFTE.LEIPZIG und WIEN.FRANZ DEUTICKE.1911.Verlags-Nr. 1848.Druck Ton Rudolf M. Rohrer in BrunnInhaltsverzeichnisder ersten Hälfte des dritten Bandes.Seit«Freud: Formulierungen über die zwei Prinzipien des psychischen Ge-schehens 1Freud: Psychoanalytische Bemerkungen über einen autobiographisch be-schriebenen Fall von Paranoia (Dementia paranoides) 9Bertschinger: Illustrierte Halluzinationen 69Ferenczi: Über die Rolle der Homosexualität in der Pathogenese derParanoia 101Jung: "Wandlungen und Symbole der Libido 120Binswanger: Analyse einer hysterischen Phobie 228Jung: Morton D.: The Mechanism and ofPrince M. Interpretation Dreams 309Spielrein: Über den psychologischen Inhalt eines Falles von Schizophrenie(Dementia praecox) 329zum NarcissismusRank: Ein Beitrag 401Pfister: Die psychologische Enträtselung der religiösen Glossolalie undder automatischen Kryptographie 427kindlichenBleuler: Eine kasuistische Mitteilung zur Theorie der Sexual-vorgänge 467Jung: Kritik über E. Bleuler: Zur Theorie de3 schizophrenen Negativismus 469Bleuler: Antwort auf die Bemerkungen Jungs zur Theorie des Negati-vismus 475Maeder: Psychoanalyse bei einer melancholischen Depression 479Jung: Buchanzeige (Hitschmann, Freud's ...
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JAHRBUCH
FÜR
undPSYCHOANALYTISCHE PSYCHO-
[
PATHOLOGISCHE FORSCHUNGEN.t
HERAUSGEGEBEN VON
Prof. Dr. E.BLEULER und Prof. Dr. S. FREUD
IN ZÜRICH, IN WIEN.
REDIGIERT VON
Dr. C. G. JUNG,
FRIVATDOZENTEN DER PSYCHIATRIE ZÜRICa^jp^IN
\
III. BAND.
I. HÄLFTE.
LEIPZIG und WIEN.
FRANZ DEUTICKE.
1911.Verlags-Nr. 1848.
Druck Ton Rudolf M. Rohrer in BrunnInhaltsverzeichnis
der ersten Hälfte des dritten Bandes.
Seit«
Freud: Formulierungen über die zwei Prinzipien des psychischen Ge-
schehens 1
Freud: Psychoanalytische Bemerkungen über einen autobiographisch be-
schriebenen Fall von Paranoia (Dementia paranoides) 9
Bertschinger: Illustrierte Halluzinationen 69
Ferenczi: Über die Rolle der Homosexualität in der Pathogenese der
Paranoia 101
Jung: "Wandlungen und Symbole der Libido 120
Binswanger: Analyse einer hysterischen Phobie 228
Jung: Morton D.: The Mechanism and ofPrince M. Interpretation Dreams 309
Spielrein: Über den psychologischen Inhalt eines Falles von Schizophrenie
(Dementia praecox) 329
zum NarcissismusRank: Ein Beitrag 401
Pfister: Die psychologische Enträtselung der religiösen Glossolalie und
der automatischen Kryptographie 427
kindlichenBleuler: Eine kasuistische Mitteilung zur Theorie der Sexual-
vorgänge 467
Jung: Kritik über E. Bleuler: Zur Theorie de3 schizophrenen Negativismus 469
Bleuler: Antwort auf die Bemerkungen Jungs zur Theorie des Negati-
vismus 475
Maeder: Psychoanalyse bei einer melancholischen Depression 479
Jung: Buchanzeige (Hitschmann, Freud's Neurosenlehre) 481
Dr. JuneZusendungen an die Redaktion sind zu richten an C. G.
Küsnaclit-Zürich.Formulierungen über die zwei Prinzipien
des psychischen Geschehens.
Von Signi. Freud (Wien).
Wir haben seit langem gemerkt, daß jede Neurose die Folge,
also wahrscheinlich die Tendenz habe, den Kranken aus dem realen
Leben herauszudrängen, ihn der Wirklichkeit zu entfremden. Eine der-
der Beobachtung P. Janets nicht ent-artige Tatsache konnte auch
gehen; er sprach von einem Verluste ,,de la fonction du reel" als von
einem besonderen Charakter der Neurotiker, ohne aber den Zusammen-
hang dieser Störung mit den Grundbedingungen der Neurose auf-
1zudecken ).
Die Einführung des Verdrängungsprozesses in die Genese der
Neurose hat uns gestattet, in diesen Zusammenhang Einsicht zu nehmen.
—Der Neurotiker wendet sich von der Wirklichkeit ab, weil er sie
— unerträglich findet. Den extrem-ihr Ganzes oder Stücke derselben
sten Typus dieser Abwendung von der Realität zeigen uns gewisse
Fälle von halluzinatorischer Psychose, in denen jenes Ereignis ver-
leugnet werden soll, welches den Wahnsinn hervorgerufen hat (Grie-
tut aber jeder Neurotiker mit einem Stückchensinger). Eigentlich
2
Realität das Gleiche Es erwächst uns nun die Aufgabe, die Be-der ).
Realitätziehung des Neurotikers und des Menschen überhaupt zur
psychologische Be-auf ihre Entwicklung zu untersuchen und so die
unserer Lehren aufzu-deutung der realen Außenwelt in das Gefüge
nehmen.
x scientifique.P. Janet, Les Nevroses. 1909. Bibliotheque de Philosophie)
2 hat kürzlich OttoEine merkwürdig klare Ahnung dieser Verursachung)
undSchopenhauers aufgezeigt. (Die Welt als WilleRank in einer Stelle
1910.)Vorstellung, 2. Bd. Siehe Zentralblatt für Psychoanalyse, Heft 1/2,
1psychopathol. Forschungen. III.Jahrbuch für psychoanalyt. u.Freud.Sigm.2
begründeten Psychologieauf Psychoanalysehaben uns in derWir
zum Ausgang zu nehmen,seelischen Vorgängedie unbewußtengewöhnt,
sind.Analyse bekannt wordenuns durch dieEigentümlichkeitenderen
einerprimären, für Überreste ausfür die älteren,halten dieseWir
Art von seelischen Vor-sie die einzigein welcherEntwicklungsphase,
welcher diese primären Vor-Tendenz,läufen waren. Die oberste
Lust-Unlust-sie wird als dasleicht zu erkennen;gehorchen, istgänge
Diese VorgängeLustprinzip) bezeichnet.kürzer als dasPrinzip (oder
Akten, welche Unlustgewinnen; von solchenLust zustreben danach,
Tätigkeit zurück (Verdrän-die psychischekönnen, zieht sicherregen
vonunsere Wachtendenz, unsnächtliches Träumen,Unsergung).
Herrschaftsind Reste von derEindrücken loszureißen,peinlichen
dessen Mächtigkeit.und Beweise fürdieses Prinzips
die ich an anderer StelleGedankengänge zurück,Ich greife auf
entwickelt habe, wennAbschnitt der Traumdeutung)allgemeinen(im
durch dieRuhezustand anfänglichdaß der psychischesupponiere,ich
gestört wurde. Ininneren BedürfnisseForderungen dergebieterischen
halluzinatorisch(Gewünschte) einfachFalle wurde das Gedachtediesem
mit unserenTraumgedankennoch allnächtlichwie es heutegesetzt,
1 Ent-erwarteten Befriedigung, diedas Ausbleiben dergeschieht Erst).
Befriedigung aufdieser Versuch derhatte zur Folge, daßtäuschung,
seiner mußteaufgegeben wurde. AnstattWegehalluzinatorischem
derrealen VerhältnisseApparat entschließen, dieder psychischesich
DamitVeränderung anzustreben.vorzustellen und die realeAußenwelt
eingeführt; es wurdeseelischen Tätigkeitneues Prinzip derwar ein
was real war, auchwas angenehm, sondernmehr vorgestelltnicht
2 Realitäts-Einsetzung dessein sollte Diesewenn es unangenehm ).
folgenschwerer Schritt.erwies sich als einprinzips
vor der An-Ebenbild des Seelenlebens*) Der Sclilafzustand kann das
absichtliche Verleugnungwiederbringen, weil er dieerkennung der Realität
nimmt.zur Voraussetzungderselben (Schlafwunsch)
2 durch einigeschematische DarstellungIch will versuchen, die obige)
daß eineeingewendet werden,Es wird mit RechtAusfülirungen zu ergänzen:
der Außenweltfröhnt und die RealitätOrganisation, die dem Lustprinzipsolche
sieerhalten könnte, so daßkürzeste Zeit am Lebenvernachlässigt, sich nicht die
derartigenFiktionVerwendung einerentstehen können. Dieüberhaupt nicht hätte
wenn man nur dieBemerkung, daß der Säugling,rechtfertigt sich aber durch die
realisiert. ErSystem nahezuein solches psychischesMutterpflege hinzunimmt,
verrät seineseiner inneren Bedürfnisse,halluziniert wahrscheinlich die Erfüllung
motorischedurch cheausbleibender BefriedigungUnlust bei steigendem Reiz undGeschehens. 3über die zwei Prinzipien des psych.Formulierungen
eine Reihe vonmachten die neuen Anforderungen1. Zunächst
Apparates nötig, die wir infolge vonAdaptierungen des psychischen
Einsicht nur ganz beiläufig aufführenungenügender oder unsicherer
können.
hob auch die Be-Bedeutung der äußeren RealitätDie erhöhte
Sinnesorgane und desAußenwelt zugewendetendeutung der jener
welches außer den bisher alleingeknüpften Bewußtseins,an sie
Unlustqualitäten die Sinnesqualitäten auf-interessanten Lust- und
eingerichtet, welchewurde eine besondere Funktionfassen lernte. Es
damit die Daten derselbenperiodisch abzusuchen hatte,die Außenwelt
sich ein unaufschiebbares inneresvorhinein bekannt wären, wennim
Tätigkeit gehtAufmerksamkeit. DieseBedürfnis einstellte, die
Auftreten abzuwarten.entgegen, anstatt ihrden Sinneseindrücken
damit ein System von Merkenwurde gleichzeitigWahrscheinlich
Ergebnisse dieser periodischen Bewußtseins-welches dieeingesetzt,
Gedächtnishatte, ein Teil von dem, was wirtätigkeit zu deponieren
heißen.
Teil der auftauchendender Verdrängung, welche einenAn Stelle
der Besetzung ausschloß, tratals unlusterzeugend vonVorstellungen
ob einewelche entscheiden sollte,unparteiische Urteilsfällung,die
Einklang mit derwahr oder falsch, d. h. imbestimmte Vorstellung
mit den Erinnerungs-oder nicht, und durch VergleichungRealität sei
entschied.Realität darüberspuren der
während der Herrschaft des Lust-Die motorische Abfuhr, die
Reizzuwächsenseelischen Apparates vonprinzips zur Entlastung des
Befriedigung.erlebtdarauf die halluzinierteSchreiensund ZappeinsundAbfuhr des
absichtlich alsAusdrucks-Kind, diese AbfuhräußerungenEr erlernt es später als
Kinder-das Vorbild der späterenDa die Säuglingspflegemittel zu gebrauchen.
mit der vollenHerrschaft des Lustprinzips eigentlich erstfürsorge ist, kann die
Beispielnehmen.— Ein schönesvon den Eltern ein Endepsychischen Ablösung
Systems, welchesabgeschlossenen psychischenReizen der Außenwelteines von den
Worte Bleulers)Ernährungsbedürfnisse autistisch (nach einemselbst seine
Eischale einge-Nahrungsvorrat in diegibt das mit seinembefriedigen kann,
—einschränkt.Mutterpflege aufdieWärmezufuhrVogelei, fürdas sichdieschlossene
Redeals Erweiterung des inals Korrektur, sondern nurIch werde es nicht
Lustprinzip lebendefür das nach demSchemas ansehen, wenn manstehenden
Realitätden Reizen derfordert, mittels deren es sichSystem Einrichtungen
„Verdrängung",das Korrelat derDiese Einrichtungen sind nurentziehen kann.
sie also zur Außen-behandelt, als ob sie äußere wären,Unlustreize sowelche innere
welt schlägt.
1*Sierra.•- Freud.
ge-ins Innere des KörpersAufgabe durchund diesergedient hatte
war,nachgekommen(Mimik, Affektäußerungen)Innervationensandte
zweckmäßigen Ver-indem sie zurneue Funktion,jetzt eineerhielt
wandelte sich zumverwendet wurde. SieRealitätänderung der
Handeln.
Abfuhrder motorischengewordene AufhaltungnotwendigDie
welcher sichprozeß besorgt,durch den DenkHandelns) wurde(des
mit EigenschaftenDas Denken wurdeherausbildete.dem Vorstellenaus
das Ertragen der er-seelischen Apparatwelche demausgestattet,
ermöglichten.der Abfuhrdes AufschubesReizspannung währendhöhten
kleinerermit Verschiebungein ProbehandelnwesentlichenEs ist im
(Abfuhr) der-geringer VerausgabungunterBesetzungsquantitäten,
verschiebbaren Besetzungender freieine Überführungselben. Dazu war
Niveau-wurde mittels einereine solcheerforderlich, undin gebundene
Denken warerreicht. DasBesetzungsvorgangesdes ganzenerhöhung
über das bloßeinsoweit es sichursprünglich unbewußt,wahrscheinlich
Objekteindrücke zu-Relationen derund sich denVorstellen erhob
Qua-wahrnehmbarefür das Bewußtseinund erhielt weiterewendete,
Wortreste.Bindung an dieerst durch dielitäten
die manseelischen Apparates,Tendenz unseresEine allgemeine2.
zurückführenAufwandersparnisPrinzip derauf das ökonomische
an den zur Ver-Zähigkeit des Festhaltenssich in derkann, scheint
Schwierigkeit des Verzichtesund an derstehenden Lustquellenfügung
des Realitätsprinzipsäußern. Mit der Einsetzungdieselben zuauf
Realitätsprüfungdie von derDenk